»Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst besteht darin, eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen«. Diese Worte des französischen Dichters Jean Moréas aus dem „Symbolistischen Manifest“ von 1886 charakterisieren die Beziehung, die Hugo Gerhard Simberg zu seinen Werken hatte – insbesondere zu seinem berühmtesten Gemälde „Der verwundete Engel“. Es zeigt einen Engel mit verletzten Flügeln, der sitzend auf einer Holztrage von zwei Jungen entlang eines Weges durch die finnische Landschaft getragen wird. Inspiriert war die Landschaftsdarstellung von der Bucht Töölönlathi in Helsinki. Simberg erkrankte 1902 an einer Hirnhautentzündung und befand sich dort monatelang in einem Diakonissenkrankenhaus. In dieser Zeit spazierte er oft an deren Ufer. Er rang mit allen Kräften um Genesung, um sein Gemälde vollenden zu können. Als es 1903 erstmals ausgestellt wurde, erhielt er viele Fragen dazu: Was ist dem Engel passiert? Warum ist er verletzt? Wo bringen die Jungen ihn hin? Haben sie dem Engel wehgetan? Was bedeutet das Bild? Simberg beantwortete diese Fragen nicht.
Nach Simbergs Auffassung geht es beim Betrachten von Gemälden nicht um Nachdenken und Bedeutungssuche. Es ist unnötig zu wissen, was der Künstler beim Malen gedacht haben könnte oder was vor einer dargestellten Szenerie passiert sein mag. Malerei dient dazu, Gefühle auszulösen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild künstlerisch als gut, schlecht, schön oder hässlich empfunden wird. Wichtig ist allein die Empfindung – sei sie traurig, glücklich oder anderer Natur. Ein Gemälde kann deshalb nicht richtig oder falsch interpretiert werden. Jeder Mensch betrachtet ein Bild auf persönliche Weise. 2006 wählten die Finnen „Der verwundete Engel“ zum beliebtesten Gemälde ihres Landes. Das Ateneum Museum in der Finnischen Nationalgalerie initiierte die landesweite, öffentliche Abstimmung. Dabei konnten die Teilnehmer ihre Wahl begründen. Mehrheitlich lautete sie, dass der „Verwundete Engel“ ein wunderschönes Bild sei, das immer wieder zum Nachdenken anrege. Mehr als 100 Jahre nach seiner Entstehungszeit wurden neue Interpretationen vorgetragen. Vielleicht ist es ein Symbol für den finnischen Unabhängigkeitskampf, die Verletzlichkeit der Bucht Töölölanthi oder der Natur allgemein? Simberg selbst hatte gemäß seiner Überzeugungen dem Gemälde nicht einmal einen Titel gegeben. Für den ersten Ausstellungskatalog gab er die Bezeichnung „Verwundete Engel“ nur im Sinne einer Anregung oder Beschreibung an.
Stilistisch wurde Simberg schon zu Lebzeiten dem Symbolismus zugeordnet. Viele seiner Motive zeigen Szenerien mit sinnbildlichen Figuren wie Tod, Frost oder Teufel. Die Finnen taten sich ursprünglich schwer, Simbergs Ausdrucksform zu akzeptieren. Zusammen mit dem Malerkollegen Magnus Enkell erhielt er 1904 den Auftrag, die Innenräume der Johanneskirche in Tampere zu schmücken. Simberg übertrug dafür „Der verwundete Engel“ und sein Aquarell „Der Garten des Todes“ ins Großformat. Für die Wandfreske „Träger der Reben“ gestaltete er die zwölf Jünger Jesu als nackte Knaben, die Laubgirlanden tragen. Unter die Deckenkuppel setzte er eine von Engelsflügeln umgebene Schlange mit einem Pflanzenkeim im offenen Maul. Die Kirchgänger reagierten schockiert bei der Einweihung 1907. Heutzutage gilt der Dom von Tampere als Gesamtkunstwerk und einer der Höhepunkte finnländischen Kunstschaffens.
»Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst besteht darin, eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen«. Diese Worte des französischen Dichters Jean Moréas aus dem „Symbolistischen Manifest“ von 1886 charakterisieren die Beziehung, die Hugo Gerhard Simberg zu seinen Werken hatte – insbesondere zu seinem berühmtesten Gemälde „Der verwundete Engel“. Es zeigt einen Engel mit verletzten Flügeln, der sitzend auf einer Holztrage von zwei Jungen entlang eines Weges durch die finnische Landschaft getragen wird. Inspiriert war die Landschaftsdarstellung von der Bucht Töölönlathi in Helsinki. Simberg erkrankte 1902 an einer Hirnhautentzündung und befand sich dort monatelang in einem Diakonissenkrankenhaus. In dieser Zeit spazierte er oft an deren Ufer. Er rang mit allen Kräften um Genesung, um sein Gemälde vollenden zu können. Als es 1903 erstmals ausgestellt wurde, erhielt er viele Fragen dazu: Was ist dem Engel passiert? Warum ist er verletzt? Wo bringen die Jungen ihn hin? Haben sie dem Engel wehgetan? Was bedeutet das Bild? Simberg beantwortete diese Fragen nicht.
Nach Simbergs Auffassung geht es beim Betrachten von Gemälden nicht um Nachdenken und Bedeutungssuche. Es ist unnötig zu wissen, was der Künstler beim Malen gedacht haben könnte oder was vor einer dargestellten Szenerie passiert sein mag. Malerei dient dazu, Gefühle auszulösen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild künstlerisch als gut, schlecht, schön oder hässlich empfunden wird. Wichtig ist allein die Empfindung – sei sie traurig, glücklich oder anderer Natur. Ein Gemälde kann deshalb nicht richtig oder falsch interpretiert werden. Jeder Mensch betrachtet ein Bild auf persönliche Weise. 2006 wählten die Finnen „Der verwundete Engel“ zum beliebtesten Gemälde ihres Landes. Das Ateneum Museum in der Finnischen Nationalgalerie initiierte die landesweite, öffentliche Abstimmung. Dabei konnten die Teilnehmer ihre Wahl begründen. Mehrheitlich lautete sie, dass der „Verwundete Engel“ ein wunderschönes Bild sei, das immer wieder zum Nachdenken anrege. Mehr als 100 Jahre nach seiner Entstehungszeit wurden neue Interpretationen vorgetragen. Vielleicht ist es ein Symbol für den finnischen Unabhängigkeitskampf, die Verletzlichkeit der Bucht Töölölanthi oder der Natur allgemein? Simberg selbst hatte gemäß seiner Überzeugungen dem Gemälde nicht einmal einen Titel gegeben. Für den ersten Ausstellungskatalog gab er die Bezeichnung „Verwundete Engel“ nur im Sinne einer Anregung oder Beschreibung an.
Stilistisch wurde Simberg schon zu Lebzeiten dem Symbolismus zugeordnet. Viele seiner Motive zeigen Szenerien mit sinnbildlichen Figuren wie Tod, Frost oder Teufel. Die Finnen taten sich ursprünglich schwer, Simbergs Ausdrucksform zu akzeptieren. Zusammen mit dem Malerkollegen Magnus Enkell erhielt er 1904 den Auftrag, die Innenräume der Johanneskirche in Tampere zu schmücken. Simberg übertrug dafür „Der verwundete Engel“ und sein Aquarell „Der Garten des Todes“ ins Großformat. Für die Wandfreske „Träger der Reben“ gestaltete er die zwölf Jünger Jesu als nackte Knaben, die Laubgirlanden tragen. Unter die Deckenkuppel setzte er eine von Engelsflügeln umgebene Schlange mit einem Pflanzenkeim im offenen Maul. Die Kirchgänger reagierten schockiert bei der Einweihung 1907. Heutzutage gilt der Dom von Tampere als Gesamtkunstwerk und einer der Höhepunkte finnländischen Kunstschaffens.
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